Gott Google aus Über Google, Gott und die Welt Autor: Jan Cornelius Ich google mich selbst. Wenn ich schlimme Sehnsucht nach meinem Freund habe, google ich auch ihn. Aus dem Internet-Chat Auch heute zu Zeiten des Internets sind Nörgler und Stänker allgegenwärtig, nichts ist ihnen heilig, sie schrecken vor nichts zurück, nicht einmal vor Googleslästerung. So veröffentlichte zum Beispiel der Amerikaner Nicholas G. Carr bereits 2008 den Essay Is Google Making Us Stupid? - Werden wir dumm durch Google? Diese Frage beschäftigt viele auch heute noch, mehr denn je. Gibt man sie zum Beispiel wörtlich bei Google ein, landet man knapp zweiundvierzig Millionen Treffer, Tendenz steigend. Ja, das Reich des Internets mit seinem Gott Google scheint so manches Gehirn tatsächlich schwer zu schädigen, wie einige Beobachter alarmiert feststellten. Mein Kopf kommt nicht mehr mit!, so der bereits vor einigen Jahren gesendete verzweifelte Hilferuf des FAZ-Herausgebers Frank Schirrmacher, der bei einer rasanten Fahrt auf dem Datenhighway auf tragische Weise den Kopf verlor. Bei mir hingegen sieht es ganz anders aus: Google sei Dank bin ich heute nicht nur cleverer, sondern auch gebildeter denn je! Früher wusste ich nicht, wer Goethe oder Mozart waren, aber heute weiß es Google für mich. Wozu sich denn solche Dinge merken, wenn die Wahrscheinlichkeit eines Tages Alzheimer zu bekommen relativ groß ist. Wer es nicht glaubt, der sollte mal Google fragen. Auch wird mein Alltag durch Google erheblich erleichtert. Heute Morgen zum Beispiel stieg ich aus dem Bett und wusste nicht, wie das Wetter war, weil die Jalousien geschlossen waren. Da schaltete ich den PC ein, gab bei Google den Begriff Wetter plus Wohnort ein, und schon fand ich heraus, dass draußen die Sonne schien. Danach frühstückte ich gemütlich vor dem PC, und da ich ein Mensch bin, der über den eigenen Monitorrand hinausschaut, ergoogelte ich die aktuellen Preise der Butter in Buenos Aires und Sankt Petersburg, und verglich sie mit dem Preis der Butter, die ich mir gerade aufs Brot geschmiert hatte. Ja klar, bei uns war die Butter wieder mal am allerteuersten. Doch immer nur klagen hilft nicht, also ergoogelte ich die Kontaktadresse der Kanzlerin und schickte ihr eine E-Mail-Beschwerde. Und anschließend vollbrachte ich mit Hilfe von Google eine gute Tat. Im Google-Chat las ich den verzweifelten Hilferuf von Janine-84: Ihre Katze Alma hatte seit zwei Stunden Durchfall! Da war sofortige Hilfe gefragt, also schritt ich zur Tat. Unter dem Stichwort Katzendurchfall landete ich bei Google in 0,1 Sekunden über 8500 Volltreffer. Bin immer noch fleißig am Lesen, aber wenn ich hart dabei bleibe, habe ich bis Morgen die wichtigsten Tipps für Janines Katze herausgearbeitet, ich hoffe nur, dass sie bis dann noch lebt! Denn sie ist drei Jahre alt, und, wie ich über Google herausfand, leben Katzen im Durchschnitt nur zwei Jahre, weil sie oft überfahren werden. Bekanntlich sind nicht alle Google-Treffer brauchbar, es gibt darunter natürlich auch eine Menge Datenmüll. Der macht uns schwer zu schaffen, denn er lässt sich leider nicht wie der normale Müll auf einen Rastplatz oder in den Garten des Nachbars kippen. Oder vielleicht doch? Ich muss das mal bei Google suchen, vielleicht lässt sich da etwas machen! Auf der schwierigen Suche nach mir selbst habe ich mich früher des öfteren auf die Couch des Psychoanalytikers gelegt. Wenn ich jedoch heute etwas über mich erfahren möchte, dann frage ich Google, denn, um die Datenschützer zu zitieren: Google weiß mehr über dich als du selbst. Ja, Google weiß alles. Google ist mein bester Freund, und ich verbringe täglich viele schöne Stunden mit ihm, so um die 8 bis 10, daher ist meine Frau ziemlich eifersüchtig. Nun ja, sorry, dass ich es jetzt so sagen muss, aber Google ist einfach tausendfach gebildeter und unterhaltsamer als sie. Von seinem Bekanntheitsgrad mal ganz zu schweigen. Gestern gab ich den Begriff Google bei Google ein und landete damit sage und schreibe zweimilliardenfünfzigmillionen Treffer. Dann ergoogelte ich meine Frau und landete null Treffer. Wozu sie dann überhaupt noch ernstnehmen? Ich gehe ab jetzt einfach mal davon aus, dass es sie gar nicht gibt. © Westdeutscher Rundfunk Köln Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. |